Mit Energy-Drink und Waffeleis im Sensoriklabor
Die Sensorik ist eine von vielen Untersuchungsmethoden zur Sicherung der Lebensmittelqualität. Warum kaufen die Kunden eher das Produkt des Mitbewerbers und nicht unseres? Schmeckt es besser? Prickelt es länger? Riecht es angenehmer? Ist es cremiger? Knuspert es deutlicher? Diese und viele weitere Fragen müssen Lebensmittelhersteller beantworten, um sich mit ihren Produkten am hart umkämpfen Lebensmittemarkt zu behaupten.
Die angehenden Fachkräfte für Lebensmitteltechnik der Klasse LT20 konnten am 20. Dezember 2022 einen intensiven Einblick gewinnen, wie diese Fragen professionell bei einem der großen Akteure im deutschen Lebensmitteleinzelhandel, der Schwarz Produktion - mit ihren bekannten Handelsketten Kaufland und Lidl - in einem Sensoriklabor in Weißenfels nach DIN-Norm beantwortet werden.
Nach einer kurzen Vorstellung des Unternehmens und einer anschaulichen Einführung in die Möglichkeiten mit menschlichen Sinnen die Eigenschaften von Lebensmitteln professionell zu erfassen, bildeten die zwölf Teilnehmer ein Untersuchungspanel und prüften im Sensoriklabor fünf verschiedene Energydrinks auf mehrere vorgegebene Merkmale. Um ein möglichst objektives Ergebnis zu erhalten, werden dazu die Kostproben in Einzelkabinen geprüft und bewertet. Im Hintergrund haben die Laborverantwortlichen dafür einen hohen Aufwand: z.B. müssen brauchbare Kriterien und Antwortmöglichkeiten für die Auswertung erstellt werden, die Proben in neutrale Gefäße umgefüllt und mit einer dreistelligen Zahl zufallscodiert werden, alle Proben müssen gleich temperiert werden und für einen vergleichbaren Kohlensäuregehalt auch in etwa gleichen Abständen den Prüfern gereicht werden. Dies alles geschieht unsichtbar hinter den Prüfkabinen und nur neutralisierte Proben werden dann durch Öffnungen gereicht - so lässt sich sicherstellen, dass nur das jeweilige Getränk bewertet wird, ohne das z.B. "geflügelte Dosen" das Ergebnis verzerren. Der Sinn dieses Procedere wurde den Teilnehmern in Anschluss deutlich: die statische Auswertung zeigte u.a. recht deutlich, welches Getränk bei einer neutralen Bewertung von den Teilnehmern bevorzugt würde - wenn dies nicht der bekannte Marktführer ist, verwundert es viele und die Mitbewerber freuen sich ....
Im zweiten Teil der Tagesexkursion zeigte eine gelernte Fachkraft für Lebensmitteltechnik, der sein Wissen in einem Studium der Lebensmitteltechnologie später vertieft hat, dem 3. Lehrjahr fachlich sehr fundiert auf, welche wissenschaftlichen Methoden in der Sensorik angewandt werden, um spezielle Fragestellungen beantworten zu können. In der Produktionsroutine ist es u.a. ein wichtiges Ziel, eine gleichbleibende Qualität - z.B. einen immer gleichen Geschmack - sicherzustellen, auch wenn natürliche Rohstoffe für diese Produktion leichte oder größere Schwankungen aufweisen. Oder gerade besonders aktuell: Ist es möglich, einen Rohstoff bei Lieferengpässen in der Rezeptur auszutauschen, ohne dass sich der Geschmackseindruck merklich verändert? Aber auch: Kommt das neuentwickelte Produkt beim Endkunden gut an, so dass es sich lohnt eine größere Produktionslinie aufzubauen? Auch mit solchen Fragen ist die Sensorik befasst, vorab bei der Produktentwicklung, der Sicherstellung der laufenden Produktion und in der Kommunikation mit dem Endkunden.
In einem zweiten Prüfdurchgang wurde dann Vanilleeis in der Waffeltüte sensorisch geprüft und anschließend erfolgte die Auswertung dieser Prüfung. Dass ein Prüfpanel für Endkunden Einblick in die Ergebnisse der Prüfung erhält, ist so nicht üblich - die Azubis konnten aber so beide Seiten kennenlernen. Mit reichlich interessanten Eindrücken und vertieften Wissen in die Durchführung von sensorischen Prüfungen, sowie die Karrierechancen bei der Schwarz Produktion verabschiedete sich die LT20 in die wohlverdiente Weihnachtspause.
F. Wilhelm, stellv. Klassenlehrer